Historische Routen
– gepflastert mit Toten und Legenden
Bis Ende der 1930er-Jahre gab es kaum längere, bedeutende Überlandstraßen nach oder durch Birma. Die bekanntesten, legendären Routen wurzeln im Zweiten Weltkrieg und erinnern daran, dass dieses Land ein hart umkämpfter Kriegsschauplatz war. Nur für kurze Zeit von der Allgemeinheit nutzbar, haben sich ihre Spuren heute teilweise wieder im Dschungel verloren.
Der Drei-Pagoden-Pass
Lange Synonym für eine der wichtigsten und meistfrequentierten Schmugglerrouten Südostasiens, war der Drei-Pagoden-Pass über Jahrhunderte ein wichtiger Handelsweg und umkämpfter Durchlass für militärische Invasionen. Denn im Umkreis von Hunderten von Kilometern ist er der einzige Ort, dessen Geografie eine Überquerung der thailändisch-birmanischen Grenze zulässt.
Unter anderem wurde der Drei-Pagoden-Pass von den Armeen der birmanischen Könige genutzt, um das mächtige Königreich von Ayutthaya zu attackieren und schließlich zu besiegen. Auch die Japaner nutzten ihn Ende 1941, um von hier aus in die britische Kolonie Birma einzumarschieren und sie innerhalb weniger Monate zu erobern. Seit es der Militärregierung gelungen ist, mit den in der Region lebenden Minderheiten Waffenstillstandsabkommen zu schließen, hat auch der legale, grenzüberschreitende Handel Auftrieb erhalten und es scheint nur eine Frage der Zeit, bis hier für Ausländer die Ein- und Weiterreise auf dem Landweg möglich wird. Seinen Namen erhielt der Pass durch die drei kleinen, auf thailändischem Gebiet stehenden Stupas (Phra Chedi Sam Ong) wie auch die Siedlung Payathonzu (Drei Pagoden), die sich auf der birmanischen Seite findet.
Die Burma Road
Der erste Abschnitt der von Lashio nach Kunming führenden Burma Road wurde bereits 1938 von Chinesen aus Yunnan fertiggestellt und führte bis Wanting an der birmanischen Grenze. Erst 1940 folgte die Verlängerung bis nach Lashio, wodurch eine Verknüpfung mit dem Eisenbahnnetz und somit dem Hafen in Yangon erreicht wurde. Die 1200 km lange, meist nur 3 m breite, auch „Holy Grail“ genannte Straße diente als Hauptversorgungslinie für den Abwehrkampf der nationalchinesischen Kuomintang-Truppen unter der Führung von Chiang Kai-shek gegen die Japaner, die 1937 alle chinesischen Häfen erobert hatten.
Aufgrund von Korruption, Wegelagerei, Diebstählen und defekten Lkw kamen allerdings nur 20 % des Transportguts an, sodass – als sich zudem der Druck der japanischen Armee in China verstärkte – der Nachschub im Mai 1942 eingestellt wurde. Heute gehört die teilweise neu ausgebaute Burma Road zu den größten Handels- und Schmuggler-Routen Asiens. Es sind vorwiegend japanische Hino-Lastwagen, die sich die engen, steilen Kurven hinauf und hinunter quälen. Und wie vor 60 Jahren bleibt so mancher unterwegs liegen oder landet (zumindest mit den Vorderrädern) im Abgrund.
Der Hump
Nach Aufgabe der Burma Road wurden die im Westen Chinas kämpfenden Alliierten über den Hump (Buckel) versorgt, womit die zwischen Myanmar und China liegenden Höhenzüge des Himalayas gemeint waren. Auf einer Strecke von 800 Flugkilometern ließ Claire Lee Chennault, General der legendären „Flying Tigers“, den Nachschub aus Assam über die bis zu 4500 m hohen Berggipfel fliegen. Insgesamt 650 000 t Fracht wurden über diese Luftbrücke transportiert, wobei 1000 Piloten starben und 600 Maschinen verloren gingen.
Die Ledo und Stilwell Road
Nach Einschätzung des legendären amerikanischen Befehlshabers Joseph Warren Stilwell (Spitzname „Vinegar Joe“) hing eine Rückkehr der Landstreitkräfte in die Region vor allem von einer brauchbaren Landroute ab. So wurde im November 1942 mit dem Bau der strategischen Ledo Road begonnen, die im indischen Ledo (Arunachal Pradesh) ihren Anfang nahm und durch den Kachin-Staat bis nach Mongyu an der chinesischen Grenze führte, wo sie die Burma Road nach Yunnan erreichen sollte. Doch erst kurz vor Kriegsende wurde die 800 km lange, nun Stilwell Road genannte Straße, an der Pioniere der US-Army mit über 35 000 Einheimischen arbeiteten, fertiggestellt. Sie führte durch dichten Dschungel und überquerte zehn große sowie 155 kleinere Flüsse. Weil der Bau der Strecke immens viele Todesopfer forderte, erhielt sie den vielsagenden Beinamen „Einer-Pro-Meile-Straße“.
Da die Alliierten die Region 1946 verließen, wurde die Landroute – der erste Konvoi passierte sie erst Ende Januar 1945 erfolgreich – nur ein einziges Jahr für ihren ursprünglichen Zweck genutzt. Zuletzt gelang es offenbar einigen Studenten aus Oxford und Cambridge 1956, die Stilwell Road mit zwei Landrovern zu befahren – wie in Tim Slessors Werk First Overland nachzulesen ist. Vielleicht könnte sie eine Wiederbelebung durch Öko-Touristen erfahren: 1999 wurde das Hukaung-Tal, das sich mit seiner verwegenen Natur und selten gewordenen Wildtieren wie Elefanten, Tigern, Leoparden oder Bären an der einstigen Ledo Road entlangzieht, mit seinen rund 6500 km2 zum größten Wildschutzgebiet des Landes erklärt.
Die Todeseisenbahn
Von der einstigen „Death Railway“ existieren heute nur noch wenige Schienenkilometer, einige gewagte Brückenkonstruktionen und museale Dampfrösser, doch von ihrer Legende lebt die thailändische Provinz Kanchanaburi noch immer: Die berühmt-berüchtigte Todeseisenbahn, die vor allem durch die Verfilmung von Pierre Boules’ Kriegsroman Die Brücke am Kwai bekannt geworden ist. Die nur 1 m breite Trasse führte im Zweiten Weltkrieg von Thailand durch schroffe Berge und tiefen Dschungel bis nach Myanmar. Sie begann in Nong Pladuk (rund 50 km südwestlich von Bangkok) und endete im birmanischen Thanbyuzayat (rund 65 km südlich von Mawlamyaing). Mit der insgesamt 415 km langen, strategisch wichtigen Strecke wollten sich die Japaner eine alternative Nachschublinie für Birma und den Vormarsch in weiter westlich gelegene Länder schaffen. Im September 1942 wurde mit dem Bau an beiden Enden begonnen, bis die Gleisstränge sich schließlich 37 km südlich der Stadt Payathonzu (Drei-Pagoden-Pass) trafen. Die Ingenieure hatten die Konstruktionszeit auf fünf Jahre geschätzt, doch durch den brutalen Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, der zu einem hohen Blutzoll führte und der Linie ihren Namen bescherte, konnte der Schienenstrang in nur 16 Monaten fertiggestellt werden. Die Eisenbahnlinie wurde 20 Monate genutzt, bevor die Alliierten sie 1945 zerbombten. Die Verbindung wucherte wieder zu, nachdem die Schienen und Schwellen aus dem Boden gerissen und anderweitig verwendet wurden.
Die „Road To Mandalay“
Wer zum ersten Mal von der „Road To Mandalay“ hört, stellt sich kaum vor, dass diese Bezeichnung einen (von Rudyard Kipling geprägten) literarischen Ursprung hat und heute ein Schiff statt eine historische Route meint. Zusammen mit rund 100, bis zu einem Jahrhundert alten Flussfähren, aber auch komfortablen, nostalgischen Touristenbooten wie der Pandaw 1947, Paukan 2007, RV Yandabo, Irrawaddy Princess oder der Delta Queen weckt das gleichnamige, mit viel Teakholz und Messing ausgeschmückte Kreuzfahrtschiff (gebaut 1964 in Deutschland und einst auf Elbe und Rhein unterwegs) Erinnerungen an die gewaltige Flotte der schottischen, 1865 gegründeten Irrawaddy Flotilla Company (IFC). Sie hatte die insgesamt 8000 km langen, historischen Wasserstraßen Birmas bis in die 1940er-Jahre mit rund 600 Schiffen befahren! Es bedarf wohl kaum expliziter Erwähnung, dass natürlich auch der landesweit größte und wichtigste Fluss, der Ayeyarwady, im Zweiten Weltkrieg von den Briten als Kriegsroute benutzt wurde ...
Volker Klinkmüller
Wir sind die Markands, genauer Mark und And(rea). Myanmar war unser erster Loose - und ein besseres Loose-Land können wir uns bis heute nicht vorstellen: viele Familienbetriebe, wenige richtig ausgetretene Pfade und viel zu entdecken. Hier kann man Eintauchen in den Alltag der Menschen. Neues sehen und erleben, was man so bisher nicht kannte. Und das ist trotz allen Trubels und zeitweiliger Touristenschwemme und auch dem wirtschaftlichen Fortschritt (und dem damit einhergehenden Einfluss moderner Kulturgüter) noch immer so. Über all die Jahre die wir hierherfahren staunen wir immer wieder über den Lebensmut und die Freundlichkeit der Menschen. Über die Fähigkeit Umstände zu ertragen und sich damit zu arrangieren. Irgendwie kommt man immer etwas anders zurück aus diesem Land, als man hinfuhr. Man stellt Gewohntes in Frage und ändert den Blickwinkel auf die Welt.
Wir hoffen, dass unser Loose-Buch euch gewohnt gut begleitet, wenn wir alle wieder in dieses aufregende Land fahren können. Und wir hoffen auf eurer Feedback. Wer schon mal in Myanmar war, der weiß: Einfach mal schnell alles abfahren oder online nachrecherchieren ... das geht nicht. Reisen ist hier trotz vielen Fortschritts in den letzten Jahren, noch immer beschwerlicher und langsamer als anderswo. Aber wir geben unser Bestes euch aktuell zu informieren und hoffen, ihr nutzt diese Plattform und informiert euch auch gegenseitig.
Ich (Martin H. Petrich) fühle mich mittlerweile etwas alt, wenn ich die jungen Leute mit ihren Smartphones auf einer der Rooftop-Bars Yangons sehe. Schließlich sind es schon über 25 Jahre seit meinem ersten Besuch in Myanmar. Damals schickte ich noch Telegramme (in Wikipedia steht, was das ist) in die Heimat und wackelte auf dem Dach betagter Pick-ups durch die Landschaft. Seit 2014 lebe ich die meiste Zeit in diesem wunderbaren Land und bin von den Menschen begeistert wie am ersten Tag. Was mich sonst noch so anzieht? Die breite Palette von Strand bis schneebedeckte Berge, von glitzernden Pagoden bis bröckelnde Fassaden. Und dann gibt es noch so endlos viel zu entdecken. Die Corona-Zeiten sind indes extrem hart für die Menschen. Vor allem der Tourismus leidet wie überall in der Welt massiv. Beispielsweise haben schon viele Kutscher von Bagan ihre Pferde verkaufen müssen, um zu überleben. Lokale Guides nähen jetzt Kleider, verkaufen Artikel online oder arbeiten im Feld ihrer Familie. Viele meiner Freunde wissen nicht, wie sie über die Runden kommen können. Hier an dieser Stelle berichte aus ich, was sich touristisch in Myanmar so tut. Und ich lese natürlich auch gerne von Euch.