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U-Tapao - Der schlummernde Riese
Ein kleiner Flughafen mit großer Geschichte

Auf der Parkfläche für die Maschinen wurde es immer enger. Vor der Abflughalle hatten Marinesoldaten in Eile mobile Toiletten aufgestellt und Zelte als Schutzdach für die Wartenden, während das Gepäck in langen Reihen in der sengenden Sonne stand und die wenigen Abfallbehälter überquollen. Es war Ende November 2008, als der U-Tapao-Airport bei Pattaya zu unerwarteten Ehren kam und auch außerhalb Thailands zu einem Begriff wurde. Trotz des herrschenden Chaos symbolisierte der Militärflughafen für zehntausende gestrandete Urlauber die Hoffnung, nach der überraschenden Blockade der beiden internationalen Airports von Bangkok (zusammen bis zu 900 Flugbewegungen und 150.000 Passagiere täglich) durch regierungsfeindliche Demonstranten der Volksallianz für Demokratie (PAD) das Land doch noch verlassen zu können. Internationale Luftverkehrsgesellschaften wiederum offerierten Passagieren, die ihre Reise trotz der Krisensituation nicht stornieren, über diesen sonderbaren Flughafen in das Königreich zu gelangen.  

Das Ereignis forcierte einmal mehr die Bestrebungen, den einst von den Amerikanern angelegten, vorwiegend für Charterflüge aus Russland und die Ko Samui-Verbindungen der privaten Fluglinie Bangkok Airways genutzten Militär-Flugplatz zu einer internationalen Luftverkehrsdrehscheibe auszubauen. Zum einen soll damit eine dauerhafte Alternative für künftige Flughafen-Engpässe aller Art geschaffen werden, zum anderen eine neue Luftschleuse für die nur 45 km entfernte Touristenmetropole Pattaya und zum dritten eine ideale Frachtmöglichkeit für das florierende Industriegebiet des Eastern Seaboard rund um Rayong. Der Name dafür ist bereits gefunden – und lautet „U-Tapao Pattaya International Airport“. Im Rahmen des Ausbaus ist an eine Erweiterung des Terminals von 4.280 auf 25.200 Quadratmeter gedacht, um die Aufnahmefähigkeit von 400 auf 1500 Personen pro Stunde zu steigern. Zudem ist an mehr als die bisher nur 100 Parkplätze gedacht, ein Brandschutz-System, moderne X-Ray-Geräte und eine umfangreiche Verbesserung der flugtechnischen Ausrüstung und Landschafts-Gestaltung.  

Großer Andrang bisher nur als Ausnahme. Bis zu 20 Millionen Euro würde das kosten und bis zum Abschluss des Projekts spätestens 2012 vielleicht sogar auch eine Einbeziehung der Eisenbahnlinie ermöglichen, die in der Nähe des Flughafens verläuft und als Massenverkehrsmittel genutzt werden könnte. Bemerkenswert: In den 1980er Jahren war sogar in der Diskussion, U-Tapao mithilfe einer modernen Schnellbahnverbindung statt der Errichtung des Suvarnabhumi-Airports als neuen internationalen Flughafen für Bangkok auszubauen, was aber aufgrund der 150 Kilometer weiten Entfernung zur Hauptstadt letztendlich nicht weiter verfolgt worden ist.  

Bisher kann der Flughafen, der im Besitz der thailändischen Marine bzw. mit dem nahe gelegenen Marine-Stützpunkt Sattahip verbunden ist, gerade mal bis zu 30 Maschinen am Tag abfertigen. Denn er verfügt lediglich über ein eingeschossiges Terminal mit vier Check-in-Schaltern, einem Gepäckband, zwei X-Ray-Maschinen sowie sechs Schaltern für Immigration und Zoll. Schließlich war er ja 1966 auch für einen ganz anderen Zweck angelegt worden: als einer von landesweit insgesamt sieben Stützpunkten der US-Armee im Vietnamkrieg und Basis für die berühmt-berüchtigten, schweren Langstreckenbomber vom Typ Boeing B-52-Bomber, die von Thailand aus fatale Einsätze in den Nachbarländern flogen. Deshalb weist die Start- und Landebahn auch eine Länge von 3.505 Metern bei einer Breite von 60 Metern auf, was bereits internationalem Standard entspricht – und sogar eine Landung des neuen Super-Jumbos vom Typ Airbus A-380 ermöglichen würde.  

Wegen der leichten Erreichbarkeit für Versorgungstransporte über den Seeweg und der relativen Sicherheit durch die Entfernung vom eigentlichen Kriegsschauplatz, hielt das Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte den Luftwaffen-Stützpunkt U-Tapao für strategisch besonders wertvoll. Von hier aus kamen neben Luftbetankungs-Flugzeugen und den berühmten U-2-0-Spionagefliegern vor allem die achtstrahligen B-52-Bomber zum Einsatz. Bereits im Juni 1965 hatte mit diesen unter dem Codenamen „Arc Light“ Flächen-Bombardements in Vietnam begonnen. In den folgenden acht Jahren wurden die Maschinen insgesamt 126.000 Mal eingesetzt. Während der zwölftägigen Operation „Linebacker II“ flogen im Dezember 1972 bis zu 130 B-52-Bomber gleichzeitig Angriffe auf Hanoi und die Hafenstadt Haiphong. Jedes Flugzeug konnte bis zu 27 Tonnen Bombenlast tragen, die mit ihrem Bombenteppich jeweils ein Gebiet von rund zwei Quadratkilometern verwüsteten. Von den ab 1951 insgesamt 744 gebauten „Stratofortress“-Bombern – im rudimentären Piloten-Jargon „Buff“ (Big ugly fat fucker) genannt – gingen im Vietnamkrieg insgesamt nur 30 (davon 18 bei unmittelbaren Kampfhandlungen) Maschinen verloren. Die letzten B-52 Bomber der USA sollen sogar erst im Jahr 2040 ausgemustert werden.  

Mit dem ständigen Ausbau der Militärbasis von U-Tapao durch die Amerikaner fanden tausende Einheimischen gut bezahlte Arbeit – nichtzuletzt natürlich auch in den Versorgungs- und Vergnügungsbetrieben an der Peripherie. Sattahip war zwar näher am Fliegerhorst, bot durchaus schöne Strände und auch einige vorgelagerte Inseln. Doch war es das reizvolle Fischerdorf Pattaya mit seinen langen Stränden und geringen Grundstückspreisen, das die ersten Investoren für die Eröffnung von Hotels, Restaurants, Bars und Geschäften in viel stärkerem Umfang anzog. Es dauerte nicht lange, bis auch das Rotlichtmilieu zu erstrahlen begann: Ein nicht versiegender Strom von jungen Mädchen aus den ärmlichen Provinzen Nordost-Thailands reiste nach Pattaya an, um sich den Soldaten der Airbase anzubieten. Nicht wenige davon natürlich in der stillen Hoffnung, einen GI sogar als Ehemann zu ködern. Andere Frauen wuschen die Wäsche der Soldaten oder versorgten sie mit rollenden Garküchen und Grills. Fischer übten sich als Taxifahrer und verbanden die beiden Orte mit ihren Fahrzeugen im Fünf-Minuten-Takt.  

Das Dorf boomte und zum Ende der 60er Jahre verdrängten erste mehrstöckige Hotels die bis dahin in Strandnähe liegenden Bretter- und Wellblechbuden. Die Klientel bestand inzwischen nicht mehr nur aus dem in U-Tapao stationierten Personal, sondern überwiegend aus Frontsoldaten auf Kurzurlaub, den die Amerikaner als „R & R” (Rest & Recreation) bezeichneten, was soviel heißt wie „Entspannung und Erholung”. Mit dem Abzug der US-Armee aus Vietnam und dann auch aus Thailand setzte Mitte der 1970er Jahre eine verheerende Krise ein. Diese jedoch dauerte nicht lange an, da Urlauber aus Europa damit begannen, das Königreich als Reiseziel zu entdecken und sich die entstandene Infrastruktur zunutze zu machen. Nachdem der Flugplatz von U-Tapao an die thailändische Marine übergeben worden war, hob dort am 20. Juni 1976 das letzte US-Flugzeug ab.
 

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