TRAVELSTORIES – Stefan & Renate Loose unterwegs

gesammelte Briefe 2004–2024

Hinauf in die Berge

Ihr Lieben,

Durga Puja ist nach 4 fröhlichen Festtagen vorbei, tausende gigantischer Statuen von Durga und ihren Gefährten Ganesh, Laxmi, Parvati und Kartin wurden am letzten Tag in den Flüssen versenkt, dafür treiben Millionen toter Fische an der Oberfläche, so stark hat der Cadmium- und Bleigehalt der sich auflösenden Farben das Wasser verseucht.

Auch die tibetischen Buddhisten haben ihr Erntedankfest mit einem mehrstündigen Lama-Tanz im Innenhof der größten Gompa in Ghoom gefeiert. Für die aus der Umgebung eingetroffenen Tibeter wie für die wenigen Ausländer unter den Zuschauern boten die ausdauernden Tänzer mit ihren bunten Masken und herrlichen Kostümen ein faszinierendes Schauspiel.

Draußen steigen Sherpas unter schweren Lasten gebeugt die ausgewaschenen Treppen von Darjeeling herauf. Nebenan spielt ein Junge am Computer exakt das gleiche Ballerspiel, das Mischa zu seinem letzten Geburtstag von einem seiner Freunde bekommen hat. Es ist kalt, und Frauen aus dem Tiefland tragen über ihren Saris Strickjacken, hüllen sich in wärmende Pashmina-Schals und komplettieren ihr Outfit mit Pudelmützen und Strickhandschuhen. Heute morgen war es fast wolkenlos, und von unserem Zimmerfenster aus hatten wir einen fantastischen Ausblick auf die Schneeberge mit dem sie alle überragenden Kanchenjunga, mit 8598 m der höchste Berg Indiens und dritthöchste der Welt.

 

Im Zentrum von Darjeeling oberhalb des Chowrastra Square erhebt sich auf dem Observatory Hill der von buddhistischen Gebetsfahnen umgebene Shiva-Tempel Mahakala Mandir. Menschen aus Nepal, Tibet, Bhutan und dem indischen Tiefland, Hindus ebenso wie Buddhisten, pilgern herauf, um den Beistand der Götter zu erbitten.

Die 120 000 Einwohner des Ortes stellen ein buntes Völkergemisch dar, wobei die Tibeter besonders ins Auge fallen. Einige leben bereits seit Generationen hier, andere sind 1959 nach der Invasion Chinas geflüchtet wie unser Hotelbesitzer Norbu, damals noch ein Kind. Erst Anfang der 80er Jahre hat sich seine Familie damit abgefunden, nicht nur für kurze Zeit in Indien leben zu müssen. Seine zweite Tochter heißt Hildegard nach der Frau seines besten deutschen Freundes.

Hier lernen wir auch Mohan (62) kennen, ein hervorragender Fotograf, der zwischen Kathmandu, Canberra und Darjeeling pendelt, wo sein Bruder mit viel Herz einen wunderbaren Fotoladen betreibt, waehrend er Trekkingtouren in den Bergen organisiert. Und Banerjee (um 50), ein selbstherrlicher Plantagenbesitzer der 4. Generation, der sich gern mit Mächtigen umgibt, Darjeeling zur Champagne des Tees und seine Plantage zum Spitzenprodukt puschen will.

 

Begeistert sind wir von Raj (um 40), der von einem kleinen Büro in Siliguri aus das Unternehmen Help Tourism betreibt. Freunde haben ihm eine Website zusammengebastelt, helfen ihm im Büro und bei der Erschließung neuer Projekte. Was sie überzeugt, ist der lebenslustige Raj und seine Idee von einem Tourismus, der den Dorfbewohnern hilft, wie beispielsweise das Projekt, das wir in den Sundarbans besucht haben. Wir werden nun aufbrechen und einige der Projekte in den Bergen besichtigen.

Da es dort kein Internet gibt, werde ich Teil 2 dieser Rundmail erst nach unserer Rückkehr schreiben.

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