TRAVELSTORIES – Stefan & Renate Loose unterwegs

gesammelte Briefe 2004–2024

Aus Flores

Ihr Lieben,

seit dem Ende des Ramadan sind wir weiter Richtung Osten gereist und gottseidank nicht in Sumatra vom Erdbeben betroffen, sondern in Maumere auf Flores. Heute bietet sich zum ersten Mal wieder die Gelegenheit, von einem Internetcafe aus, das allerdings nicht besonders komfortabel ist, Mails zu schicken. Sehr bequem ist das Reisen auf den sich durch Flores schlaengelnden Strassen insgesamt nicht, und auch die Unterkuenfte und Restaurant erfuellen zwar ihren Zweck, aber auch nicht mehr. Dafuer entschaedigen die fantastische Landschaft und die interessante Voelkervielfalt.

Wo sonst gibt es eine Gesellschaft, die hundert Prozent katholisch ist, aber aufwaendige Opferfeste fuer den Himmelsgott und die Erdgoettin darbringt, wo Frauen Haus und Hof besitzen und Maenner nur einheiraten, aber aufpassen muessen, dass sie wie in Indien entsprechend ihrer Kaste heiraten, weil sie sonst verbannt werden?

 

Vielleicht sollte ich besser von vorn beginnen: Die letzte Mail schrieb ich am Ende des Ramadans aus Malang. Nach einem Monat Fasten hat man sich das Feiern redlich verdient. So kommt es zu einer wahren Voelkerwanderung - und wir mittendrin: Tausende junger Familien fahren ihre Eltern besuchen - zumeist mit dem Motorrad: Vorn das aelteste Kind, dann der Vater, der manchmal den Sohn lenken laesst, und dahinter die Mutter mit dem Juengsten im Arm. Wir fahren Richtung Bromo, einem aktiven Vulkan. Auch viele Einheimische nutzen die Feiertage fuer einen Ausflug, und so stehen wir 2 Tage spaeter bei 6 Grad auf dem Gipfel des 2770 m hohen Gunung Penanjakan und erwarten mit ueber tausend Anderen frierend den Sonnenaufgang. Wer sich ein wenig von den Menschenmassen am Aussichtspunkt wegbewegt, dem bietet sich ein wahrhaft spekulatives Schauspiel, wenn die grandiosen, kargen Vulkankegel und die weite Caldera im warmen Morgenlicht erstrahlen. Viele einheimische Jugendliche sind allerdings mehr damit beschaeftigt Fotos fuers Facebook zu machen.

 

Nach zwei Tagen auf Bali landen wir nach einer stuermischen Ueberfahrt mit einem motorisierten Segelboot kurz vor Sonnenuntergang auf Gili Trawangan, einer der Badeinseln vor Lombok, wo uns bereits Mischa und zwei seiner Freunde erwarten, mit denen er das Bali-Buch aktualisiert. Am folgenden Tag feiern wir seinen Geburtstag mit einem leckeren Essen in einem der Strandrestaurants, wo sich Urlauber und Backpacker mischen. Die Gilis sind angesagt, und im schicken Resort nebenan feiern Australier ihre Hochzeit und haben  dafuer extra eine Saengerin einfliegen lassen. Hier sind diejenigen in der Mehrheit, die einem beim Abschied einen schoenen Urlaub und nicht eine gute Reise wuenschen.

 

Auf Lombok verbringen wir zwei erholsame Tage am Fuss des 3726 m hohen Gunung Rinjani, waehrend Mischa und sein Freund Chris zum Kratersee hinaufsteigen (der Gipfel selbst ist wegen vulkanischer Aktivitaeten gesperrt). Unsere Gastgeber Roland und seine Frau Toni haben sich nach Jahrzehnten unterwegs auf den Weltmeeren hier ein kleines Paradies geschaffen mit frei laufenden Haustieren: Hunde, Katzen, Truthaehne, ein Papagei, ein Schaf und sogar ein Pferd, alles inmitten von Palmen und Reisterrassen, die sich wie ein Amphitheater oeffnen und den Blick hinab auf die Kueste freigeben. Nach einer weiteren gemeinsamen Nacht mit Mischa am Sengigi Beach trennen sich unsere Wege.

 

Weiter nach Flores

Stefan und ich fliegen weiter nach Flores. Die erste Tour geht nach Rinca, einer der Inseln, auf denen die Komododrachen leben. Die riesigen Echsen sind wirklich nicht zu unterschaetzen. Im Dorf von Abdul (25), unserem Fuehrer, sind 3 Kinder, die er kennt, von ihnen gefressen worden. Ein Auslaender, der in Jakarta lebt, hat entgegen der Warnungen sein Haustier, einen Affen, mitgebracht. Nun sitzt er unter einem Baum und heult, weil sein Affe von einem Waran gefressen worden ist. Bei einem zweistuendigen Rundgang durch die ausgetrocknete, karge Landschaft koennen wir einige dieser Tiere aus respektablem Abstand beobachten. Wesentlich angenehmer ist die Unterwasserlandschaft, die sich anschliessend beim Schnorcheln vor einer der kleineren Inseln bietet: Korallen in allen Formen und Farben, bunte, kleine Fische und am Steilabfall sogar einige von beachtlicher Groesse.

 

Von Labuan Bajo fahren wir auf der schmalen Trans-Flora-Strasse in einer guten Woche bis Maumere, wo wir gerade eingetroffen sind. Viele Touristen mieten sich fuer diese Strecke ein Auto mit Fahrer und Guide. Wer die Tour in einem deutschen Reisebuero bucht, zahlt fuer 5 Tage etwa tausend Euro pro Person. Wir haben uns von Ort zu Ort mit verschiedensten Transportmitteln etwas gemaechlicher fortbewegt, und einen Bruchteil dafuer bezahlt.

 

Wir sind ueberrascht von der Freundlichkeit der Menschen und ihrer auf relativ kleinem Raum voellig unterschiedlichen Lebensart und Kultur. Ein Hoehepunkt ist die eigenartige Landschaft auf dem Kelimutu-Vulkan mit 3 riesigen, tiefen Kraterseen, die im Laufe der Zeit ihre Farben aendern. Zur Zeit sind sie dunkelgruen, tuerkis und blau, sie waren aber auch schon rot und schwarz. Wir ersparen uns einen erneuten Sonnenaufgang auf einem Berg und gehen erst hinauf, als die anderen Touristen bereits auf der Weiterfahrt sind. So haben wir diese unwirkliche Landschaft ganz fuer uns.

 

In den naechsten beiden Tagen werden wir uns am Strand noch etwas von den Bergstrecken erholen und am Sonntag weiter nach Timor fliegen. Dann duennt der Touristenstrom sicherlich noch weiter aus. Wir halten euch auf alle Faelle auf dem Laufenden und melden uns wieder aus dem faszinierenden Inselreich Indonesien.

 

Alles Liebe von

Renate und Stefan

weiter...