Ihr Lieben,
wir fahren im Uhrzeigersinn um die malaiische Halbinsel – die Westküste rauf und die Ostküste runter – und haben nun den nördlichsten Punkt am Grenzkontrollpunkt zu Thailand hinter uns gelassen. Es schüttete gerade wie aus Eimern, so dass wir beinahe die letzte Abfahrt vor Thailand verpasst hätten. Generell spielt auch hier das Wetter etwas verrückt. Es regnet mehr und heftiger als in früheren Jahren. Die globale Erwärmung hat zudem zu einer Vermehrung der Quallen geführt, so dass die meisten Urlauber nur bei Ebbe ins Wasser gehen, denn dann werden die relativ unbeweglichen, unangenehmen Meeresbewohner von der Strömung rausgetragen.
Auf der Insel Penang werden die Häuser immer höher, die Straßen immer breiter und wir immer sentimental, denn schließlich haben wir hier 1980 geheiratet. Um die Rettung der alten Chinatown kämpfen unermüdlich einige Aktivisten, die diese chinesischste aller Städte (selbst im Vergleich zur VR China) als Weltkulturerbe erhalten wollen. Da ist u.a. Theresa, die Stadtspaziergänge zu den versteckten historischen Schätzen der Altstadt anbietet. Einer der Schätze ist ihr Restaurant, das im Obergeschoss ein kleines Museum mit vielen historischen Fotos beherbergt.
Eigenartigerweise trägt keine der Malaiinnen auf den vergilbten Schwarzweiß-Fotos ein Kopftuch, während es seit einigen Jahren kaum noch muslimische Frauen gibt, die sich ohne zeigen. Doch im Gegensatz zum Iran oder zu Pakistan tragen viele darunter T-Shirt und Jeans und haben zur Freude von Stefan keine Probleme damit, Männer anzulächeln.
Wir streifen selbst nach vielen Jahren immer noch begeistert durch die Altstadt und entdecken immer Neues. Gleich am ersten Morgen läuft uns ein Backpacker in die Arme, und wir denken uns: Den kennen wir doch? Und wirklich: Es ist Martin, den wir im August in Mashad (Iran) und im September in Uzbekistan getroffen haben, und der nun auf dem Weg nach Japan einen kurzen Schlenker nach Malaysia gemacht hat. Welch ein Zufall!
Einige Backpacker fahren von Thailand durch Malaysia nach Singapore, andere hüpfen – dank der Billigflüge von Air Asia – durch Südostasien: Heute Penang, morgen Bali oder Bangkok, oder vielleicht doch lieber nach Ko Samui? Dann gibt es die Inselfreaks, die dank neuer Fährverbindungen von Phuket bis Penang mit Fähren fahren können. Einige der Verbindungen sind erst seit wenigen Wochen in Betrieb und versprechen interessante neue Möglichkeiten.
Wie in Penang haben wir auch seit vielen Jahren einen Bekanntenkreis auf der Insel Langkawi, der immer größer wird. Es sind vor allem Deutsche, die mit Einheimischen verheiratet sind und sich hier niedergelassen haben. Manche sind bereits die Kinder von malaysisch-deutschen Paaren oder haben lange in Deutschland gelebt. Die meisten sind untereinander weder verwandt noch befreundet, so dass wir aus unterschiedlichen Perspektiven den Alltag auf der Insel kennenlernen. Dieser ist so verschieden, dass ich mich frage, ob sie überhaupt von derselben Insel sprechen:
Da ist Alif, der Fischer mit 4 kleinen Kindern, dessen Mutter in Berlin eine südostasiatische Kochschule betrieben hat. Er hat bereits professionell Eishockey gespielt, in Sumatra Brot gebacken, ein Boot gebaut, und will nun mit der Muschelzucht beginnen.
Tanja ist im Restaurant Red Tomatoe zuhause, das Olli, ihr malaiischer Mann, gestaltet hat. Dort gibt es Müsli, Nutella, Pizza und anderes Essen, was sie mag. Bis zu ihrem ersten Urlaub auf Langkawi vor zehn Jahren war sie Bauzeichnerin in Darmstadt. Nun schwirrt sie mit ungeheurem Elan durch ihren Laden, backt Brötchen und gibt den Gästen echte Insider-Urlaubstipps. Nur am Freitag hat sie zu, denn dann hat ihr Sohn Noah schulfrei.
Aza, der Maler, hat lange in Deutschland gelebt und freut sich, wenn er mal wieder Deutsch sprechen kann. Seine Frau Rose ist eine begabte Batikkünstlerin und gibt auch Kurse (etwas, was ich unbedingt machen will, wenn ich mal nach Langkawi komme und nicht recherchieren muss).
Auch Jürgen, der ehemalige Sportlehrer, hat auf der Insel einige Aktivitäten im Angebot, die auf meiner Wunschliste stehen, wie Seekayak-Touren durch die Mangroven und Abseilen (siehe unsere Mail von der Malaysia-Recherche 2006). Für anderes, was er macht, fühlen wir uns leider zu alt: Er bietet Triathlon-Training für den Ironman, der im Februar auf der Insel stattfindet. Die Teilnehmer müssen erst 3,8 km übers Meer schwimmen, dann in der tropischen Mittagshitze 180 km Fahrradfahren und schließlich noch einen Marathon laufen.
Andere haben ein Resort oder deutsches Restaurant aufgebaut, wie Willi und seine Frau Sheela. In Vorbereitung auf die ausschließlich malaiische Küche an der Ostküste ist ihr leckeres Bauernfrühstück am Abend schon ein Genuss.
Und da gibt es noch einige, die hier in den Tropen ihren Ruhestand verbringen und dabei mehr oder weniger zur Ruhe kommen. Die malaysische Regierung bietet ihnen mit dem Programm: „Malaysia – my second home“ die Möglichkeit, ein längeres Visum zu bekommen und ein Haus zu erwerben. Die Voraussetzung ist allerdings ein ausreichendes Vermögen – und das haben nicht alle, so dass manch einer, der nicht mit einem malaysischen Staatsbürger verheiratet ist, etwas erfinderisch sein muss. Manche sind glücklich, andere nicht – halt so, wie es auch zuhause ist, denn jeder Auswanderer bringt etwas mit – sich selbst.
Wir werden nun weiterziehen durch das Landesinnere zur malaiischen Ostküste. Von dort werden wir uns dann bei Gelegenheit wieder melden mit neuen Geschichten aus Malaysia.
Bis dahin wünschen wir euch alles Gute
Renate und Stefan