TRAVELSTORIES – Stefan & Renate Loose unterwegs

gesammelte Briefe 2004–2024

Aus Sabah

Ihr Lieben,

nach 3 Monaten kreuz und quer durch Malaysia sind wir am Ende der Recherchereise angelangt.

 

Am Kinabalu

Es geht zu unserer letzten Station hinauf in die Berge. Dichte Wolken hüllen uns ein, es regnet in Strömen, als wir an unserem Ziel ankommen: ein abgelegenes Bed & Breakfast fast am Ende der Straße in einem Wald aus Baumfarnen und Nadelbäumen in 1400 m Höhe. Das kühle Bergklima und gemütliche Haus bereiten uns geradezu optimal auf die Heimreise vor. Die Zimmer sind mit westlichem Touch eingerichtet. Das Zentrum des Hauses bildet eine große Küche mit Brotbackofen Unsere Gastgeber sind Lily aus Sabah und ihr Mann Peter, der sich nach einem Berufsleben in vielen Ländern der Erde hier niedergelassen hat und – wen wundert es – aus Österreich stammt.

Am nächsten Morgen wandern wir mit ihm hinauf in ein wenig besuchtes Gebiet des Kinabalu Nationalparks, wo riesige Kannenpflanzen wachsen. Allerdings lässt sich der 4095 m hohe Gipfel auch an diesem Tag nicht sehen. Am letzten Morgen haben sich die Wolken verzogen, und das gewaltige Granitmassiv erhebt sich direkt vor uns in den strahlend blauen Himmel. Auf dem Weg zurück nach Kota Kinabalu begleitet uns der Anblick des höchsten Berges des Landes fast bis zum Airport.

 

Ein Palast-Hotel im Sultanat Brunei

Die Reise durch den Norden von Borneo hat uns noch einige andere Highlights beschert. In Brunei können wir eine Nacht im besten Hotel des Landes verbringen, das zu den luxuriösesten der Welt gehört und von über 200 Architekten für mehr als eine Milliarde Dollar erbaut wurde. Die mit italienischem Marmor und Halbedelsteinen sowie teuren Kunstwerken dekorierte Lobby ist über 53 m hoch. Eine Rolltreppe, die vergoldete und mit Tigeraugen besetzte Seitenwände hat, führt von einem Stockwerk zum anderen. Die großzügigen Zimmer mit dicken Teppichen und Marmorbädern werden von den Suiten noch übertroffen. Für sie hat Prinz Jefry, der für seine Verschwendungssucht bekannt ist, in aller Welt nur das Beste eingekauft: Besteck aus Titan, Kristallleuchter von Svarovsky, Murano-Glas, Antiquitäten und zeitgenössische Kunstwerke und noch mehr Gold: Selbst die Wasserhähne und Mülleimer in den Badezimmern sind vergoldet, und in die Teppiche ist Gold eingewebt.

Die Emperor Suite hat sogar einen privaten Swimmingpool mit eingebauter Kinoleinwand. Bei einer persönlichen Tour durch diesen modernen Palast können wir den unbeschreiblichen Luxus bestaunen. Die folgende Nacht verbringen wir auf dem Weg Richtung Norden in Lawas in einem Hotel, das schon bessere Tage gesehen hat. Der Wasserhahn tropft und der dünne Teppich ist voller Flecken. Allerdings könnten wir für den offiziellen Preis des Zimmers der vergangenen Nacht 2 Wochen hier wohnen!

 

Am As der Welt

Es gibt Orte, die nennt mittlerweile auch unsere chinesische Freundin Marina aus Kuching „am As der Welt“ – ihr wisst schon, was sie meint. Und in einem dieser Orte sind wir wieder einmal gelandet. Dieses Mal heißt er Keningau und liegt mitten in Sabah, dem malaysischen Staat an der Nordspitze von Borneo. Die Stadt erlebte von den 70er bis Anfang der 90er Jahre einen Boom, als im Tal über hundert Sägemühlen den Regenwald zu Kleinholz verarbeiteten. Nun ist der Wald weg. Geblieben sind über 50 Pubs, in denen nun die Arbeiter aus den Ölpalm- und Kautschukplantagen Zerstreuung suchen.

Gemeinsam mit unseren Freunden Donald und Marina aus Kuching sind wir auf dem Weg von Kota Kinabalu an der Küste am Südchinesischen Meer zur anderen Seit nach Tawau an der Sulusee. Vor zehn Jahren war dieses noch eine abenteuerliche Logging Road, die nur LKWs der Holzfällercamps und geschickte Fahrer mit Geländewagen bei trockenem Wetter befuhren. Mittlerweile ist die Hälfte der Strecke asphaltiert und der Rest eine recht gute Schotterstraße.

Es ist der 1. Mai, auch hier ein Feiertag, an dem die Kadazan ihr Erntedankfest begehen. Zu diesem Anlass erwacht selbst ein Ort wie Keningau zum Leben. Aus nah und fern sind Besucher herbeigeströmt und der Reiswein (Tapai) fließt in Strömen. Da wir morgen zeitig los müssen, verpassen wir den abendlichen Höhepunkt, die Wahl einer Schönheitskönigin.

 

Dschungel vom Feinsten

Auf der Strecke von Keningau nach Tawau kommen wir am Zugang zum geschützten Maliau Basin vorbei. Reiseveranstalter bieten in diesem Gebiet abenteuerliche und sehr teure einwöchige Dschungeltouren an. Wir können für ein paar Stunden die Schönheit dieses ursprünglichen Waldes genießen, bevor es Richtung Osten weiter geht.

Nach vielen Jahren leisten wir uns den Luxus in die Borneo Rainforest Lodge im Danum Valley zu fahren. Selbst weit gereiste Naturliebhaber sind sich einig, dass ihre Ausstattung und ihr Service zum Besten gehört, was es gibt. Sie steht am Ufer eines Dschungelflusses in einem artenreichen Gebiet, fast 80 km von der nächsten Hauptstraße entfernt. Das Highlight unseres Aufenthaltes ist die Begegnung mit einem etwa 35-jährigen Orang Utan-Männchen.

 

Auch unser Aufenthalt am Kinabatangan ein paar Tage später beglückt uns mit einem Highlight: Zum ersten Mal begegnen wir dort einer Herde wilder Elefanten. Zuerst sehen wir nur die Rücken einiger Tiere, die sich am hohen Elefantengras am Ufer sattfressen. Doch dann legen wir etwas oberhalb an und laufen über ein offenes Gelände, wo wir weitere Tiere entdecken. Sie befinden sich auf ihrer jährlichen Wanderung den Fluss hinauf. Ein Wildhüter, der sie begleitet, sagt uns, dass es etwa 85 Tiere sind. Wir können uns von ihrem Anblick kaum trennen und beoachten sie bis zum Einbruch der Dunkelheit vom Boot aus. Wir sind ganz allein auf dem Fluss und lauschen den Geräuschen der Herde. Ein Jungtier dringt durch das hohe Ufergras zum Trinken ans Wasser vor. Ihm folgen andere, und es geht bald zu wie an einer belebten Bar. Als wir fahren müssen, schicken wir den Elefanten einen Abschiedsgruß hinüber und erhalten von dort als Antwort ein Trompeten, das über den weiten Fluss hallt, bis unser Bootsmann den Motor anwirft und wir über das spiegelglatte Wasser, in dem sich der tropische Sonnenuntergang spiegelt, heimwärts fahren.

 

Über 4000 km haben wir in Ostmalaysia zurückgelegt und etwas mehr auf der Halbinsel. Wir haben viel gesehen auf dieser letzten Malaysia-Recherche. Morgen geht es zurück nach Berlin, wo wir einige Monate damit beschäftigt sein werden, alles aufzuarbeiten. Wir freuen uns schon darauf, euch dann wieder näher zu sein und auf den Wein und ein gutes gezapftes Bier, den Käse und unser eigenes Bett ... Es hat halt alles sein Gutes.

In diesem Sinne seid ganz herzlich gegrüßt von

Renate und Stefan

--- ENDE (bis zur nächsten Reise...) ---